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Anlaufstellen

Neue Behandlungsmethode bei Cystinose

Foto: siam.pukkato/Shutterstock

Cystinose ist eine erbliche Stoffwechselkrankheit, die verschiedene Organe im Körper schädigen kann.

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Dr. Marlies Cornelissen

Kinderärztin und Nephrologin an der Universitätskinderklinik St. Radboud

Bislang mussten alle sechs Stunden Medikamente eingenommen werden, um den Abbau von Zellen zu verhindern.
Nach jahrelanger Forschung steht nun ein Arzneimittel zur Verfügung, das nur alle zwölf Stunden eingenommen werden muss.

Dr. Marlies Cornelissen, Kinderärztin und Nephrologin an der Universitätskinderklinik St. Radboud im niederländischen Nimwegen, erzählt mehr über diese Krankheit und die neue Behandlungsmethode. „Die Cystinose ist eine erbliche Stoffwechselerkrankung, bei der die Aminosäure Cystin in den Zellen verschiedener Organe des Körpers gespeichert wird. Dadurch werden die Zellen zerstört, was Funktionsstörungen oder sogar Ausfälle der Organe zur Folge hat.

„Soweit ich weiß, ist der älteste Patient vor Kurzem fünfzig geworden.“

Man unterscheidet drei Varianten, und zwar die infantile, die juvenile und die okuläre Cystinose. Bei der letzten Form, einer besonders seltenen Variante, sind nur die Augen betroffen.“ Nicht alle Organe werden gleichzeitig und in gleichem Umfang geschädigt. Die am häufigsten vorkommende Form ist die nephropathische Cystinose, bei der zuerst die Nieren geschädigt werden.

„Das kommt durch die vielen Aufgaben der Nieren. Die Nierenzellen brauchen viel Energie und sind deshalb besonders empfindlich.“ Auch andere Teile des Körpers werden beeinträchtigt, wie Augen, Muskeln, Bauchspeicheldrüse, Schilddrüse und manchmal auch das Gehirn.

Gendefekt

Die Cystinose ist eine erbliche Krankheit. Sie wird also nicht von einer Infektion verursacht. „Man kann Träger dieser Krankheit sein, ohne irgendwelche Beeinträchtigungen durch das abweichende Gen zu ‚spüren‘, das die Cystinose verursacht.“ Wenn beide Eltern Träger dieses Gens sind, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kind Cystinose hat, bei 25 Prozent.

Da es sich um eine sehr seltene Krankheit handelt, ist sie häufig nur schwer zu diagnostizieren. „Die bekanntesten Symptome sind übermäßiger Durst, übermäßiges Urinieren und ein Wachstumsrückstand. Dieser entsteht, weil bei der Krankheit aufgrund der Nierenschädigung alle Mineralstoffe gleich wieder ausgeschieden werden und so nicht für das Wachstum zur Verfügung stehen.“

Neuer Effekt des Wirkstoffs

Bei der Behandlung werden die verloren gegangenen Nährstoffe ergänzt und der Zellabbau gebremst. „Der Wirkstoff im Arzneimittel ist Cystamin, das bis vor Kurzem noch alle sechs Stunden eingenommen werden musste. Für das Kind und die Eltern stellt dies eine große Belastung dar, da die Einnahme des Medikaments auch nachts erfolgen muss. Außerdem verursacht das Medikament einen unangenehmen Körpergeruch. Dies kommt der Therapietreue nicht zugute, während gerade die regelmäßige Einnahme des Medikaments so wichtig ist.“

Nach jahrelanger Forschung und Weiterentwicklung ist es jetzt jedoch gelungen, dafür zu sorgen, dass der Wirkstoff langsamer im Körper freigesetzt wird. „Durch diesen ,slow release‘-Effekt braucht das Kind das Medikament nur noch alle zwölf Stunden einzunehmen.

Ein weiterer Vorteil der langsamen Freisetzung scheint eine geringere Ausprägung des unangenehmen Körpergeruchs zu sein. Dies wird zurzeit durch Messungen der ausgeatmeten Luft untersucht. Die Patienten sind eher bereit, das Medikament regelmäßig einzunehmen, wenn sie dadurch nicht so stark riechen.“

Lebenslange Einnahme von Medikamenten

Eine Heilung ist nicht möglich. Ohne Behandlung ist das betroffene Kind mit ungefähr sechs Jahren auf Dialyse angewiesen oder braucht eine Nierentransplantation. „Mit medikamentöser Behandlung lässt sich dieser Zeitpunkt bis zur Pubertät hinauszögern.“ Dr. Cornelissen weist auf die gestiegene Lebenserwartung von Patienten mit Cystinose hin: „Soweit ich weiß, ist der älteste Patient vor Kurzem fünfzig geworden.“

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