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Leben mit EGPA – „Unsicherheit und Angst sind meine ständigen Begleiter.“

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Rheumatische Erkrankungen – da denkt man zunächst an eine Volkskrankheit, von der viele Menschen betroffen sind. Doch es gibt auch eine Reihe seltener rheumatischer Erkrankungen, zu denen die sogenannten Vaskulitiden gehören, die durch eine Entzündung der Blutgefäße gekennzeichnet sind. Vanessa Rennspieß ist von der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (kurz EGPA) betroffen und spricht mit uns über ihr Leben mit der Krankheit und ihre Wünsche für Betroffene.

Generell wünsche ich mir, dass seltene Erkrankungen frühzeitig erkannt werden, um die Unsicherheit und Belastung der Patienten zu minimieren.

Vanessa Rennspieß
EGPA-Patientin


Foto: Privat

Frau Rennspieß, sie haben EGPA und ihre Beschwerden haben bereits vor 26 Jahren begonnen. Mit welchen Symptomen hat sich die Erkrankung gezeigt?

Die Symptome meiner EGPA-Erkrankung sind schwer eindeutig zuzuordnen, da ich bereits an einer systemischen Sklerose litt und der Weichteilrheumatismus meine Beschwerden verstärkte. Die Beschwerden schlichen sich nach und nach in mein Leben ein, begleitet von häufigen, plötzlich auftretenden Nasennebenhöhlenentzündungen. Selbst sportliche Aktivitäten wie regelmäßiges Walken wurden durch die Verschlechterung der Atmung in Verbindung mit dem Heuschnupfen zur Qual und es entwickelte sich Asthma. Die Abstände zwischen den Phasen, in denen es mir gut ging, wurden immer kürzer.

Auch für erfahrene Ärzte ist es nicht leicht, die Symptome in Zusammenhang zu bringen und die richtige Diagnose zu stellen. Können Sie uns von Ihrem Weg zur Diagnose erzählen?

Nach einem Aufenthalt in einer Rehaklinik wurde mir die Diagnose Raynaud-Syndrom mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits offene Stellen an den Händen, Schmerzen bei einfachsten Bewegungen und beim Atmen. Die offenen Stellen schränken mich in meiner Freizeit und im Haushalt sehr stark ein. Normale Dinge wie Staubsaugen, Kochen oder Putzen gehen zum Teil nur mit Handschuhen. Auch bei meiner Arbeit stoße ich an meine Grenzen. Kurz nach der Geburt meiner Tochter traten häufig blaue, taube Finger auf. In den Jahren darauf verschlimmerten sich alle Symptome. Zahlreiche Arztbesuche und Überweisungen brachten keine eindeutige Diagnose, bis ich schließlich einen Rheumatologen aufsuchte, der mich gründlich untersuchte und die systemische Sklerose diagnostizierte. Parallel dazu wurde ich in der Uniklinik wegen meiner offenen Hautstellen behandelt, erhielt aber von der Dermatologie viele Diagnosen, mit denen ich wenig anfangen konnte. Im Alltag musste ich lernen, mit den Symptomen zu leben. Ständig neue Diagnosen machten mich unsicher und verzweifelt.

Erst 2017 wurde die Diagnose EGPA gestellt, als meine Blutwerte, insbesondere die Eosinophilen, auffällig waren. Eine Nasenblutentnahme in Kombination mit einer Chemotherapie brachte schließlich die genaue Diagnose.

Wie sind Sie mit der permanenten Ungewissheit umgegangen?

Das Gefühl ist erdrückend. Die intensive Suche nach den Ursachen macht unruhig und führt dazu, dass jede Kleinigkeit im Alltag überdacht wird. Ich habe z. B. oft meine Ernährung umgestellt und Routineverhalten geändert, um herauszufinden, was meine Symptome verschlimmert. Auch die Sorge, die Krankheit vielleicht an meine Tochter weiterzugeben, war ein Gedanke, der mir oft den Schlaf raubte. Kaum ein Monat verging, ohne dass ich einen Arzt aufsuchte oder zumindest einen Arztbesuch plante. Jeder Arztbesuch brachte mehr Informationen, aber oft auch mehr Unsicherheit. Unsicherheit und Angst sind meine ständigen Begleiter.

Wie geht es Ihnen jetzt?

Ich gehe regelmäßig zum Kardiologen, weil ich unter Herzrhythmusstörungen leide. Außerdem sind immer wieder Darmspiegelungen notwendig, um Probleme mit meinem Verdauungstrakt zu überwachen.

Auch Lungenfunktionstests und Besuche in der Uniklinik gehören zu meinen regelmäßigen Terminen. Da meine Erkrankungen sehr selten und unterschiedlich ausgeprägt sind, ist es schwierig, das richtige Medikament zu finden. Viele negative Nebenwirkungen sind teilweise sehr schwer auszuhalten. Zum Glück hilft mir ein Biologikum, meine Lunge in Remission zu halten.

Wegen schlechter Thrombozyten- und Leukozytenwerte muss ich regelmäßig Blut abnehmen lassen, um Veränderungen zu beobachten. Vor diesen Terminen bin ich immer nervös, weil ich nie genau weiß, wie sie verlaufen und welche Ergebnisse sie bringen werden. Die Ergebnisse wirken sich direkt auf meine Stimmung aus. Der schwierige Heilungsprozess und die langen Termine stellen insgesamt eine enorme körperliche und emotionale Belastung dar.

Forschung im Bereich Seltener Erkrankungen ist lebenswichtig für Betroffene: Sie beteiligen sich z. B. selbst an Studien rund um Ihre Krankheit. Was wünschen Sie sich als Betroffene bezüglich der Patientenversorgung, abgesehen von anhaltender Forschung?

Generell wünsche ich mir, dass Seltene Erkrankungen frühzeitig erkannt werden, um die Unsicherheit und Belastung der Patienten zu minimieren. Dazu wäre es wichtig, die Ärzte in diesen Fragen besser zu schulen. Die Erfahrungen und Ergebnisse bei Arztbesuchen sind oft unterschiedlich, so dass man sich oftmals nicht ernst genommen oder ausreichend untersucht fühlt. Trifft man jedoch auf einen geschulten Arzt, der sich mit Seltenen Erkrankungen auskennt, kann dies zu einem Durchbruch in der eigenen Diagnose führen. Eine weitere wichtige Komponente wäre die Unterstützung bei der Beantragung von Maßnahmen, die den Alltag erleichtern. Oft sind mehrere Anträge oder ein paar Tipps nötig, um mit Frührente, Zusatzurlaub und Schwerbehindertenausweis leichter durch den Alltag zu kommen.

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