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Leben mit Phosphatdiabetes – “Gestalten statt hinnehmen“

Fotos: Privat

Die x-chromosomale Hypophosphatämie (kurz XLH) ist eine seltene Störung des Knochenstoffwechsels. Die Mutation, die XLH hervorruft, kann vererbt werden oder als spontane Mutation auftreten, was die Diagnose erschweren kann. XLH führt zu einem Phosphatmangel, weshalb die Erkrankung auch die Bezeichnung Phosphatdiabetes trägt. Auch wenn die Erkrankung entdeckt und behandelt wird, leiden Betroffene an ihren Folgen: dazu zählen u. A. starke Schmerzen, enorme Bewegungseinschränkungen und schlecht verheilende Knochenbrüche. Wir sprachen mit Sara Franke über ihr Leben mit der Erkrankung.

Frau Franke, Sie haben die Erkrankung XLH. Wann und wie hat sich die Erkrankung bei Ihnen geäußert und gibt es in Ihrer Familie weitere Betroffene?

Bei mir wurde XLH bereits im Kleinkindalter sichtbar. Mit dem Beginn des Laufens zeigten sich deutliche Verformungen meiner Beine. Meine Mutter bemerkte das und zog sofort Parallelen zu ihrer eigenen Kindheit, in der sie ähnliche Verformungen hatte. Die Krankheit, die auch meine Mutter und meine beiden Geschwister betrifft, wurde bei meiner Mutter damals fälschlicherweise als Knochenfehlbildung diagnostiziert. Damals versuchte man durch verschiedene OPs, ihre Beine zu korrigieren, was zu starken Verformungen und irreversiblen Schäden bei ihr führte. Glücklicherweise wurde durch die Hartnäckigkeit meiner Eltern bei meinen Schwestern und mir die korrekte Diagnose gestellt, als ich drei Jahre alt war.

Was waren und sind für Sie die größten Herausforderungen aufgrund Ihrer Erkrankung?

In meiner Kindheit kämpfte ich mit Zahnabszessen und den Einschränkungen durch O-Beine, besonders beim Laufen und Springen. Aber unsere Familie lebte nach dem Motto: Jeder gestaltet sein Leben so gut wie möglich. In meiner Jugend führten Operationen zur Korrektur der Beine und weitere Eingriffe zu vielen Fehlzeiten in der Schule. Es war sehr schwer, als „behindert“ abgestempelt und von Mitschülern und Lehrern in meinen Fähigkeiten unterschätzt zu werden. Doch dank der Unterstützung meiner Familie und Freunde konnte ich mein Selbstbewusstsein stärken.

Mein gesamtes Skelett ist deformiert, was zu zahlreichen Begleiterkrankungen führte. Ärzte behandeln diese meist nur symptomatisch: ein zeitaufwendiger und kraftraubender Prozess. Die wirksame Behandlung begann erst, als ich gute Beziehungen zu den Ärzten aufbaute. Es gibt nicht viele Patienten mit dieser Krankheit, und es dauert oft zu lang, bis man als erwachsener Patient einen Spezialisten findet. Bis dahin versuchte ich, meine Schmerzen mit Schmerzmitteln zu lindern. Als lebensfroher Mensch stieß ich oft auf Schwierigkeiten, die Intensität meiner Schmerzen den Ärzten zu vermitteln und die Dringlichkeit meiner Situation zu betonen. Aber nicht nur erkrankte Kinder, sondern auch erwachsene Patienten benötigen weiterhin eine adäquate Betreuung, um Beschwerden zu lindern!

XLH ist zwar noch nicht heilbar, aber behandelbar: wie geht es Ihnen unter Therapie?

Mir geht es ganz gut. Natürlich begleiten mich ständig Schmerzen, die wohl auch bleiben werden. Das Bücken und Knien wird mir immer verwehrt bleiben. Trotz dieser Herausforderungen empfinde ich mein Leben als wunderbar. Seit einem Jahr spritze ich mir ein Medikament, das auch für Erwachsene zugelassen ist und mir Tage mit erträglichen Schmerzen schenkt.

Sie sind 2022 Mutter geworden: Hatten Sie Sorge, dass ihr Kind auch von XLH betroffen sein könnte und wie verlief Ihre Schwangerschaft?

Mein Mann und ich haben ausführlich darüber gesprochen und uns entschlossen, unsere Lebensfreude und unsere Träume nicht von einer Erkrankung beeinträchtigen zu lassen. Als das neue Medikament zugelassen wurde und die Erfolge bei Kindern vielversprechend waren, wurde unser Wunsch nach einer Familie nur stärker. Meine Frauenärztin war hervorragend über meine Krankheit informiert und hat mich jederzeit einfühlsam unterstützt. Nun sind wir stolze Eltern eines kerngesunden Sohnes.

Wie geht es Ihnen heute und was möchten Sie anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

In jedem von uns schlummert etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt. Jeder, der betroffen ist, sollte die Kraft und Geduld aufbringen, Ärzte aufzusuchen, bei denen er sich wohl fühlt. Unterstützung ist von entscheidender Bedeutung. Zudem sollte man sich bemühen, sich von der Erkrankung nicht übermäßig einschränken zu lassen. Es ist von grundlegender Bedeutung, fest an sich selbst zu glauben. Wir verdienen es, wertgeschätzt zu werden. Wir sind so viel mehr als die Erkrankung!

Symptome der XLH im Überblick

Mögliche Symptome bei Kindern:

  • Fehlstellungen der Beine (O- oder X-Beine)
  • Deformierungen der Knochen und Achsenfehlstellungen
  • Weiche Knochen (Rachitis)
  • Verspäteter Laufbeginn, Gangbildveränderungen, „Watschelgang“
  • Verzögertes/Vermindertes Wachstum (Kleinwuchs)
  • Dysproportionen
  • Knochen- und Gelenkschmerzen
  • Muskelschmerzen und -schwäche
  • Schädeldeformationen: Craniosynostose (verfrühter Verschluss der Schädelnähte), Chiari Malformation (Fehlbildung des Übergangs zwischen Hinterhaupt und Wirbelsäule)
  • Spätes Sekundärgebiss und Zahnprobleme (z. B. Abszesse und Fisteln)

Zusätzliche mögliche Symptome bei Erwachsenen:

  • Veränderungen des Gehörs: Schwerhörigkeit bis hin zum Hörverlust, Tinitus, Schwindel
  • Frakturen und Pseudofrakturen durch unzureichende Knochenmineralisation
  • Osteomalazie (Knochenerweichung)
  • Spinalkanalstenosen (Verengungen des Wirbelkanals)
  • Früh einsetzende Arthrose oder Knochen- und Gelenkentzündungen
  • Bewegungseinschränkungen und Steifigkeit
  • Mineralisierung (Verkalkung) von Sehnen und Bändern
  • Dauerhafte Verkürzung von Sehnen, Muskeln und Bändern
  • Reduzierte Belastbarkeit, Erschöpfung

Phosphatdiabetes e. V.

Die Patientenorganisation Phosphatdiabetes e. V. ist eine Gemeinschaft von Betroffenen und Angehörigen, die Informationen bereitstellt, Hilfestellung anbietet und durch persönlichen Erfahrungsaustausch im Umgang mit der Erkrankung unterstützt. Die Belange aller Altersstufen – von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen – finden Beachtung.

Weitere Informationen unter:
www.phosphatdiabetes.de

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