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Morbus Fabry – das Chamäleon unter den seltenen Krankheiten

Morbus Fabry kann sich durch verschiedene Symptome zeigen, dadurch zeigt sie sich vielfältig wie ein Chamäleon. (Foto: Graphics Illuminate via Shutterstock)

Bei der Erkrankung Morbus Fabry kommt es zur übermäßigen Speicherung von Stoffwechselprodukten. Im Interview erklärt Dr. med. Jessica Kaufeld, Nierenexpertin aus dem Fabry-Zentrum der Medizinischen Hochschule Hannover, warum das dazu führt, dass sich die Krankheit vielfältig wie ein Chamäleon zeigt.  

Dr. med. Jessica Kaufeld

Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie, Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover (MHH)

Warum gilt Morbus Fabry als das Chamäleon unter den seltenen Erkrankungen?

Die erblich bedingte Speichererkrankung Morbus Fabry führt zu Störungen beim Abbau bestimmter Fette (Lipide). Insbesondere das Globotriaosylceramid (kurz GB3) lagert sich übermäßig stark in einer Vielzahl von Organen ab. Das beeinträchtigt nach und nach deren Funktion. Je nachdem welches Organ betroffen ist, ergeben sich andere Symptome. Die Erkrankung erscheint daher so vielfältig wie ein Chamäleon. 

Was passiert bei der Erkrankung im Körper? 

Die Stoffwechselstörung beruht auf einem Mangel am Enzym Alpha-Galaktosidase A. Das sorgt normalerweise dafür, dass Fettstoffe aufgespalten und verarbeitet werden können. Morbus-Fabry-Patient*innen stellen das Enzym kaum bis gar nicht her. Dies führt unter anderem zu
Herz-, Nieren- und Nervenproblemen. Daher spricht man im weiteren Verlauf auch von einer Multiorganerkrankung.

Was sind erste Anzeichen für einen Morbus Fabry?

Klassische Anzeichen sind beispielsweise Brennschmerzen in Händen und Füßen und ein spezieller Hautausschlag (stecknadelkopfgroße dunkelrot-violette Papeln). Häufig berichten Patienten von Herzproblemen wie Herzrasen, Magenproblemen, Müdigkeit und Erschöpfung. Findet man keine gute Erklärung, sollte man an Morbus Fabry denken.

Viele Morbus-Fabry-Patient*innen leiden Jahre, bis sie endlich ihre Diagnose bekommen. Woran liegt das?

Die Vielfalt möglicher Symptome ist immens und viele davon könnten durchaus auch andere Ursachen haben. Meist kommt es erst zur Diagnose, wenn sich mit Fortschreiten der Erkrankung immer mehr Beschwerden zeigen und diese ganzheitlich und von Mediziner*innen verschiedener Disziplinen gemeinsam betrachtet werden. Bei unseren Patient*innen kann der Leidensweg bis dahin im Schnitt bis zu zwölf Jahre dauern. 

Wie lässt sich der Leidensweg abkürzen?

Mit Aufklärung. Denn ein früher Verdacht könnte schneller zur sicheren Diagnose und damit zur Behandlung führen. Wir wissen längst, dass der Morbus Fabry von einem Gendefekt verursacht wird und dass das veränderte Gen auf dem X-Chromosom der Geschlechtschromosomen sitzt. Deshalb könnte auch der Hinweis eines Familienmitgliedes mit Symptomen dienlich sein. Oder das Wissen einer Ärztin oder eines Arztes darüber, dass zum Beispiel der Nachweis von Eiweiß im Urin nicht nur unnormal ist, sondern ein Anzeichen für Morbus Fabry sein kann. Wer mit einem solchen Befund bei uns im Zentrum nachfragt, sei es der*die behandelnde Arzt*Ärztin oder der*die Betroffene selbst, kann sofort mit der Hilfe und Expertise eines multidisziplinären Teams rechnen.

Wie behandeln Sie Morbus Fabry?

Morbus Fabry lässt sich mit einer lebenslangen Enzymersatztherapie als Infusion behandeln. Eine alternative Therapie besteht in einer Kapsel zum Einnehmen, die die Enzymaktivität unterstützt, aber nur für spezielle Fabry-Patienten geeignet ist (sog. Chaperontherapie). Über die Indikation und die Art der Behandlung entscheidet das Fabry-Zentrum. Die Therapien haben möglicherweise auch Nebenwirkungen, die ebenfalls durch die Spezialisten überwacht werden müssen.

Was wünschen Sie Morbus-Fabry-Patient*innen für die Zukunft?

Ich wünsche mir schnellere Diagnosen und damit kürzere Leidenswege für die Patient*innen. Ganz weit oben auf meiner Wunschliste stehen zudem Therapieformen, die leichter oder seltener anzuwenden sind. Weniger Nebenwirkungen sind ebenso wünschenswert. Voller Hoffnung schaue ich derzeit auf die Arbeit der Kolleg*innen in der Forschung, denn neue Methoden in der Diagnostik und den Therapien für Morbus Fabry sind schon in der klinischen Erprobung. 

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