Mukoviszidose ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, die zahlreiche Organsysteme betrifft.
Prof. Dr. Manfred Ballmann
DRK-Kinderklinik Siegen, Erster stellvertretender Vorsitzender des Mukoviszidose e.V.
In Deutschland gibt es 8.000 Betroffene. Interview mit Prof. Dr. Manfred Ballmann, DRK-Kinderklinik Siegen.
Was ist der Basisdefekt der Mukoviszidose?
Der Basisdefekt ist eine gestörte Elektrolyt-, also Salzleitfähigkeit von Zellen.
Was sind die typischen Symptome der Erkrankung?
Die Symptome zeigen sich im Wesentlichen durch die Lungenbeteiligung, die mit Bronchitis und Lungenentzündung einhergeht, was über die Zeit zu einer Gewebestörung führt, es zu einer nicht ausreichenden Atmung kommt und letztendlich die Patienten, wenn sie keine Lungentransplantation bekommen, frühzeitig versterben. Knapp 90 Prozent der Patienten leiden zudem unter einer Störung der Bauchspeicheldrüsenfunktion, das heißt, sie können keine Verdauungssäfte zeitgerecht zur Nahrung zusetzen und verdauen aus diesem Grund ihre Nahrung wesentlich schlechter, was unbehandelt zu einem massiven Gewichtsverlust und Untergewicht führt.
Wie wird die Krankheit diagnostiziert?
Das wichtigste Verfahren, um den Verdacht auf Mukoviszidose zu klären, ist der Schweißtest, bei dem eine Schweißprobe auf den Gehalt von Chloridionen untersucht wird. Ist dieser Wert erhöht, ist das ein Hinweis, dass Mukoviszidose als Erkrankung vorliegt. Eine weitere Diagnostik ist inzwischen die genetische Diagnostik. Bei dieser kann man die verschiedenen Mutationen betrachten. Wichtig ist, dass die häufigsten 30 Mutationen etwa 90 Prozent aller Patienten abdecken. Die restlichen 2.000 Mutationen sind relativ selten.
Bitte gehen Sie genauer auf die genetische Diagnostik ein.
Man nimmt eine Blutprobe und in dieser wird die Diagnostik im Labor durchgeführt. Dabei kommt der Genotyp heraus. Er ist das Erbbild eines Organismus und repräsentiert seine exakte genetische Ausstattung, also den individuellen Satz von Genen, den er im Zellkern in sich trägt.
Welche Bedeutung hat der Genotyp im Zusammenhang mit Mukoviszidose?
Dieser hat an Bedeutung stark gewonnen, weil es inzwischen Medikamente gibt, die ihre Wirkung nur bei bestimmten Genotypen entfalten und teilweise eine sehr erfreulich große Wirkung haben. Man muss jedoch wissen, welchen Genotyp man hat, um dadurch zu erfahren, ob man für bestimmte Behandlungen infrage kommt. Aus diesem Grund sollte der Genotyp direkt nach der Diagnosestellung ermittelt werden.
Um welche neuen Behandlungsmöglichkeiten handelt es sich?
Das sind die neuen Mutationsspezifischen Therapien. Diese sind bei der kleinen Mutationsgruppe G551D sehr erfolgreich, für die Hauptgruppe, das sind Patienten mit der Mutationsgruppe del F508, sind die Ergebnisse nicht ganz so hoch, aber auch bei dieser Gruppe ist durch die neuen Medikamente eine Therapieerfolg erkennbar.
Wie wirken diese neuartigen Medikamente genau?
Sie helfen an den einzelnen Organen, die betroffen sind, den Cloridfluss zu optimieren. Entweder indem sie mehrere Kanäle in der Zellwand zur Verfügung stellen oder, dass die Funktion der Kanäle verbessert wird. Das führt dazu, dass die Salzkonzentration den gesunden wesentlich näher sind kommen. In der Lunge führt es dazu, dass weniger zäher Schleim produziert wird und die Schädigung der Lunge verlangsamt wird und an der Bauchspeicheldrüse wirkt es sich dahingehend aus, dass die Patienten eine bessere Gewichtsentwicklung nehmen.
Ist diese neue Therapie zukunftsweisend?
Es sieht so aus, dass die Weiterentwicklung und Erprobung neuer Medikamente, die den defekten Chloridkanal beeinflussen tatsächlich dazu führt, dass sich das klassische Bild der Mukosviszidose wandelt und von einer typischen schwerverlaufenden Krankheit mehr in den Bereich einer milden Mukoviszidose verschiebt. So wie wir es heute schon bei einzelnen Mutationen kennen. Heilbar ist die Erkrankung zwar nach wie vor nicht, weil man durch die Medikamente die Ursache nicht beseitigt hat, aber man hat sie moduliert und das ist ein erheblicher Fortschritt, weil es bis dahin immer nur eine ausschließlich symptomatische Therapie gab.