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Krankheitsbilder

Wenn durch medizinischen Fortschritt Licht ins Dunkel kommt

Foto: fran_kie via shutterstock.com

Unter erblichen Netzhauterkrankungen wird eine Vielzahl seltener Augenkrankheiten zusammengefasst, bei denen die Funktion der Sinneszellen in der Netzhaut aufgrund genetischer Veränderungen gestört ist. Die Schwestern Vildana (V) und Emina (E) sind beide betroffen von Retinitis pigmentosa. Sie sprachen mit uns über ihren Weg bis zur Diagnose und über neue Hoffnung durch innovative Therapiemöglichkeiten.

Vildana und Emina, Sie haben beide die Diagnose Retinitis pigmentosa erhalten. Wann traten die ersten Beschwerden bei Ihnen auf und wann wurde jeweils die Diagnose gestellt?

V: Wir haben die Diagnosen ca. 2002 bekommen. Da war ich sieben und meine Schwester war vier oder fünf Jahre alt. Das erste Anzeichen, das wir beide bemerkten, war Nachtblindheit. Das trat auch etwa zu dieser Zeit auf. 

Bei der Retinitis pigmentosa sterben schrittweise Netzhautzellen ab, was die Sehfähigkeit zunehmend beeinträchtigt. Können Sie uns etwas mehr erzählen über Ihren Alltag mit Ihrer Erkrankung? 

E: Zunächst habe ich nur nachts einen Blindenstock gebraucht. Dass ich eine zunehmende Verschlechterung der Sehfähigkeit bemerkt habe, hat bei mir im Alter von 13 Jahren angefangen. 

V: Ich habe schon in der ersten Klasse starke Vergrößerungen gebraucht, um lesen zu können. Das hat sich im Laufe der Schulzeit verschlechtert, 2019 wurde es noch einmal deutlich schlimmer. Schrift kann ich seitdem nicht mehr ohne Hilfsmittel lesen. Die Nachtblindheit ist bei mir konstant, da hat sich auch nichts verbessert. 

Die Retinitis pigmentosa ist genetisch bedingt. Gab es in Ihrer Familie bereits vor Ihnen bestätigte Fälle oder Familienangehörige, die entsprechende Symptome gezeigt haben?

V: Unsere Mutter und unser Vater haben beide den gleichen Gendefekt, und wir Geschwister, also meine Schwester, unser Bruder und ich, sind ebenfalls alle betroffen. Unsere Eltern haben, seit ich denken kann, sehr schlecht gesehen, wenn es dunkel wurde. Sie gingen dann nicht aus dem Haus. Im Laufe der Jahre hat sich das weiter verschlechtert. Unser Vater, der jetzt Anfang 50 ist, kann außer hell, dunkel oder Umrissen fast nichts mehr sehen. Davor konnte er sehr gut Fahrrad fahren und auch lesen, das ist jetzt nicht mehr möglich. Die Erkrankung ist sehr selten und unsere Eltern sind nicht miteinander verwandt. Es ist fast ein kosmischer Scherz, dass die beiden sich getroffen haben. Unsere Eltern wussten zwar, dass sie beide eine Augenerkrankung haben, aber nicht, welche es ist. Erst gegen 2002, als wir nach Tübingen kamen und sie an der Augenklinik untersucht wurden, wurde bei ihnen die Diagnose gestellt. Daraufhin wurden dann auch wir Kinder untersucht und diagnostiziert.

Bis 2018 gab es keine zugelassene Therapie gegen Ihre Erkrankung. Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie erfuhren, dass Ihnen nun vielleicht mittels einer Gentherapie geholfen werden kann?

E: Das war sehr aufregend! Wir wussten schon länger, dass an einer Therapie geforscht wird, und mussten im Vorfeld viele Tests machen, um zu sehen, ob wir geeignet sind. Als wir dann im Herbst 2019 das OK bekamen und die Therapie in Deutschland zugelassen wurde, habe ich mich sehr gefreut.

Wie sieht Ihr Alltag nun nach erfolgter Behandlung aus?

E: Nach der Therapie habe ich viel besser gesehen, auch nachts. Normalerweise brauche ich jetzt keinen Blindenstock mehr. Auch brauche ich nicht mehr so viel Licht, zum Beispiel beim Lesen. 

V: Bei mir war von vornherein klar, dass es nicht so große Veränderungen geben wird wie bei meiner Schwester. Die Grundvoraussetzung der vorhandenen Zellen ist unterschiedlich. Konkret verändert hat sich, dass ich viel besser Lichter sehen kann und Lichtquellen schneller identifizieren kann. Es ist ein großer Fortschritt, dass es diese Therapie gibt. Wer betroffen ist, sollte jedenfalls keine Angst vor der Behandlung haben und die Therapie in Anspruch nehmen. Vor allem wenn man jünger ist, ist sie wirklich eine gute Möglichkeit, die Lebensqualität zu erhalten.

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