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Krankheitsbilder

„Wir sind noch nicht am Zeitpunkt einer letzten Reise angekommen.“

Der Sohn von Pia und Matthias war 1 Jahr alt, als Sie die schwerwiegende Diagnose Niemann Pick erhielten. Foto: Heiko Fleckenstein

Familie Appel wohnt im Main-Kinzig-Kreis. Der fünfjährige Maximilian ist schwer krank. Im Interview erzählen die Eltern Pia und Matthias über das Leben mit einer seltenen, tödlich verlaufenden Krankheit.

Als Ihr Sohn Max 1 Jahr alt war, erhielten Sie die schwerwiegende Diagnose, dass er an einer seltenen Erkrankung leidet. Wie äußerte sich, dass Max sich nicht so wie andere Kinder entwickelt?

Pia: Maximilian wurde am 20. November 2012 geboren und war ein Wunschkind, auf welches wir uns sehr freuten. Maximilian lag bei seiner Geburt mit seiner Größe und seinem Gewicht im Durchschnitt. Auch die U1 & U2 wurden im Krankenhaus ohne Auffälligkeiten durchgeführt.

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus begann eine sehr anstrengende Zeit, da Maximilian nur kurze Schlafperioden hatte. Uns viel auf, dass Maximilians Bauch etwas vergrößert war und wurden nach Rücksprache mit Kinderarzt und Hebamme beruhigt, da es sich bei Jungs um einen üblichen Blähbauch handeln sollte. Nach einiger Zeit stellte die Hebamme fest, dass Maximilian nicht genug zunahm und empfahl uns das Stillen aufzugeben und ihn mit Babynahrung zu füttern. Maximilian entwickelte sich nicht so schnell wie andere Gleichaltrige, jedoch gab es noch keine besorgniserregenden Anzeichen einer Krankheit. Die weiteren Standarduntersuchungen ergaben, dass Maximilian in Bezug auf sein Körpergewicht am unteren Durchschnitt lag. Die Entwicklungsverzögerungen seiner Motorik und die fehlende Zunahme an Körpergewicht wurden nach und nach immer auffälliger.

Die weiteren Untersuchungen zeigten erhöhte Leberwerte sowie einen erhöhten Cholesterinspiegel und waren alarmierend, sodass wir zu einem Stoffwechselspezialisten in ein medizinisches Versorgungszentrum überwiesen wurden.

Matthias: Am 05. Dezember 2013 wurden wir dann zu einem Gesprächstermin eingeladen, an dem wir die Diagnose erhielten. An diesem Abend änderte sich mit einem Schlag unser Leben. Der Arzt teilte uns in klaren und direkten Worten mit, dass Maximilian an einer unheilbaren und tödlich verlaufenden Stoffwechselerkrankung namens Morbus Niemann Pick Typ C leidet. Er fügte hinzu, dass es derzeit kein Medikament gibt, welches die Krankheit aufhalten oder eine Heilung herbeiführen könnte.

Bereits in der Praxis brach für uns die Welt zusammen und wir verließen nach der schrecklichen Diagnose aufgelöst die Klinik. Zuhause angekommen nahmen wir Max unter lautem Schluchzen in den Arm, der fröhlich spielend in seinem Laufstall bei Oma Irmtraud spielte und nicht wusste warum seine Eltern so traurig waren. In den darauffolgenden Stunden wurde die enge Familie über das Schicksal informiert.

Die Diagnose erhielten Sie im Vergleich zu anderen Betroffenen recht früh, aber sie war noch nicht ganz richtig. Wann wurde erkannt, dass es sich um Niemann-Pick-Typ-A/B handelt?

Pia: Der Arzt teilte uns zudem mit, dass es eine Selbsthilfegruppe für diese Erkrankung gibt und dass wir dringend Kontakt aufnehmen sollen. Wir meldeten uns in den darauffolgenden Tagen online in der Niemann-Pick-Selbsthilfegruppe an und erhielten unmittelbar am darauffolgenden Tag einen Anruf von Edmund, dem Kassierer der Selbsthilfegruppe. Der Anruf mit dem ersten Mitbetroffenen war sehr lange und ausführlich und tat unglaublich gut. Wir hatten das Gefühl, dass Edmund der erste Mensch war, der nachvollziehen konnte was wir gerade durchmachen. Edmund schickte uns Infomaterial und lud uns zur Jahreshauptversammlung der Niemann-Pick-Selbsthilfegruppe im Mai 2014 nach Kassel ein.

Als wir nach Kassel fuhren, waren wir sehr aufgeregt da wir überhaupt nicht wussten was uns erwartete. Der Empfang war allerdings so herzlich, dass wir schnell unsere Skepsis verloren und uns mit den ersten Betroffenen und deren Familien unterhielten. Ein mittlerweile verstorbener erwachsener Patient, der an Niemann Pick Typ C litt, gab uns den dringenden Rat die Villa Metabolica in Mainz aufzusuchen, da dort die Spezialisten seien.  

Matthias: Wir vereinbarten einen Termin in der Universitätsklink Mainz und fuhren mit Maximilian zur ersten Untersuchung in die Landeshauptstadt. Die Fachärzte vor Ort vermittelten nach den ersten Untersuchungen und Beobachtungen den Eindruck, dass es sich bei Max möglicherweise doch nicht um Niemann Pick Typ C handelt. Ein Hoffnungsschimmer? Etwa doch nicht so schlimm? Die genetischen Untersuchungen des Blutes sollten Aufschluss darüber geben, welche Krankheit bei ihm vorlag. Nach wenigen Tagen wurden wir erneut eingeladen und erfuhren, dass er an Niemann Pick Typ A/B leidet. Die Neudiagnose war demnach nicht besser aber auch nicht viel schlechter.

Bitte erläutern Sie kurz das Krankheitsbild von Niemann-Pick-Typ-A/B.

Pia: Niemann Pick Typ A, B  und die Mischform A/B resultieren aus dem Gendefekt des Chromosoms 11.

Der mangelnden Aktivität oder sogar das Fehlen des Enzyms Sphingomyelinase führt dazu, dass das Lipid Sphyngomyelin nicht richtig abgebaut werden kann. Dies sammelt sich dann in den Lysosomen der Zellen an, führt zur Störung der Zellfunktion und beeinträchtigt die Organe wie Leber, Milz, Lunge sowie das zentrale Nervensystem.

Geben Sie uns bitte einen Einblick in Ihren und Max´ Alltag.

Pia: Dadurch, dass Maximilian motorisch sehr eingeschränkt ist und sich quasi nicht alleine fortbewegen kann, muss er rund um die Uhr betreut werden. Es fällt ihm sehr schwer sich selbst zu beschäftigen. Durch diese Einschränkungen kann ich nur zweimal die Woche arbeiten gehen, an denen Maximilian von seinen Großmüttern betreut wird. Die Arbeitszeit ist eine kleine Auszeit vom täglichen Alltag und tut insbesondere mir gut.

Matthias: Zwar geht Maximilian derzeit vormittags in den Kindergarten, jedoch wird die Regelmäßigkeit durch häufige Infekte stark eingeschränkt, sodass er zu Hause bei Pia oder den Omas bleiben muss. Leider verging kaum ein Monat, in dem Maximilian nicht krank war. Der gesundheitliche und motorische Zustand gleicht einer Berg- und Talfahrt. Hat man ihn nach ausgestandener Krankheit wieder auf einen gewissen Gesundheitslevel aufgepäppelt, fällt er nach dem nächsten Infekt wieder auf null zurück, was bedeutet, dass er keinerlei Kraft in Armen und Beinen hat und sein motorischer Zustand kritisch ist.

Pia: Maximilian freut sich auf die Sonntagabende, denn da kommt sein Cousin David. Er ist immer aus dem Häuschen, wenn David von Sonntag bis Montag bei uns ist. David akzeptiert Maximilian so wie er ist und er gibt ihm sehr viel. Sie spielen, gehen auf Schatzsuche, sammeln Minions, popeln gemeinsam in der Nase und genießen die Zeit, die sie miteinander haben. Die Montage mit David sind zum Highlight der Woche geworden und wir haben den glücklichsten Maximilian der Welt!

Matthias: Mittwochnachmittags werden wir ehrenamtlich vom Kinderhospizdienst des Malteser Hilfsdienstes betreut. Dieses Angebot haben wir erstmals im 1. Quartal dieses Jahres in Anspruch genommen, als Maximilian eine sehr anstrengende Phase hatte. Anfangs waren wir sehr skeptisch, da das Wort Hospiz zunächst abschreckt. Man stellt sich das wie bei alten Menschen vor, die im Sterben liegen und auf ihrer letzten Reise begleitet werden – so ist es aber nicht.

Zum Glück sind wir noch nicht am Zeitpunkt einer letzten Reise angekommen und hoffen, dass wir diese so schnell nicht antreten müssen.

Derzeit laufen weltweit Kinder- und Erwachsenenstudien, die vielversprechende Ergebnisse zeigen. Bei den Probanden wird beobachtet, dass die vergrößerten Organe Leber und Milz zurückgehen und das Wachstum und die Entwicklung wieder zunehmen. Wir wünschen uns sehnlichst, dass Maximilian in die Kinderstudie aufgenommen wird, da es unsere einzige Chance ist, sein Leben zu retten.

Autor:

Die Niemann Pick Selbsthilfegruppe

Unsere Niemann-Pick-Selbsthilfegruppe ist eine Initiative betroffener Eltern, die betroffene Familien mit Rat, Tat und Informationen unterstützen möchte.

Unsere Aufgaben:
– Nationale und internationale Forschungsprojekte.
– Weltweit Informationen für Betroffene und behandelnde Ärzte beschaffen.
– Kontakt zu namhaften Wissenschaftlern weltweit pflegen und vermitteln.
– Die Zusammenarbeit mit auf diesem Gebiet aktiven Selbsthilfegruppen fördern.
– Erfahrungsaustausch Betroffener untereinander ermöglichen.
– Über Behandlungs- und Therapieansätze informieren.
– Hilfe bei sozialen Fragen bieten.
– Nicht in Betroffenheit verharren, sondern hoffnungsvoll nach vorne blicken!
– Um all dies in Zukunft weiter bewerkstelligen zu können, sammelt die Selbsthilfegruppe Spendengelder für ein Ziel:
– Das Heilung oder zumindest Behandlung für die an Niemann-Pick betroffenen Patienten möglich wird.

Bankverbindung:
Sparda Bank Südwest e.G.
BLZ: 550 905 00
Konto-Nr.: 514 52 36
IBAN: DE 72 5509 0500 0005 1452 36
BIC: GENODEF1S01
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