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Anlaufstellen

Gemeinsam Hoffnung geben

Foto: Pajjai Sapwattanapaisarn via Shutterstock

Das Motto des MPS e.V. lautet: „Gemeinsam Hoffnung geben“. Was bedeutet das konkret für die Arbeit Ihres Vereins?

Das Wort „gemeinsam“ war immer ein entscheidendes Wort für die MPS-Gesellschaft. Zu Beginn lautete unser Leitspruch noch: „Den Weg gemeinsam gehen“. Durch die Hoffnung auf neue Therapien wurde daraus: „Gemeinsam Hoffnung geben.“ Hoffnung geben heißt aber nicht nur, neue Therapien zu finden. Es bedeutet auch, dass man einen Weg findet, trotz MPS ein gutes und erfülltes Leben zu führen. Dass man Lebensqualität erhalten kann, selbst wenn der Alltag oftmals hart und anstrengend ist. Gerade kurz nach der Diagnose ist das für betroffene Familien nicht vorstellbar, so tief sitzt der Schock. In dieser Situation begegnen viele zum ersten Mal der MPS-Gesellschaft, in der Regel über einen Anruf bei unserer Beratungsstelle. Unsere Aufgabe ist es dann, die Betroffenen und Familien aufzufangen. Es folgen dann oft Besuche unserer Veranstaltungen. Einen ganz besonderen Stellenwert hat dabei die jährlich stattfindende Familien- und Patientenkonferenz. Hier trifft man auf Betroffene, die das gleiche Schicksal teilen, man trifft auf Ärzte und Therapeuten, erhält Informationen zu den einzelnen Krankheitsbildern, Therapien und den aktuellen Stand der Forschung. Die Familienkonferenz ist so besonders und wichtig, weil gerade hier Betroffene direkt erfahren, dass sie nicht alleine sondern Teil einer Gemeinschaft sind.

„Gemeinsam Hoffnung geben“ als Motto beinhaltet aber auch eine aktive Komponente. Als Selbsthilfeorganisation einer sehr seltenen Erkrankung stehen wir vor vielen Herausforderungen. Wir brauchen Aufmerksamkeit, sowohl in der Gesellschaft als auch im Bereich der Medizin und Forschung, damit die Anliegen und Sorgen unserer Patienten gehört werden. Als Nichtbetroffener ist kaum nachvollziehbar, wie hart man um Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, kämpfen muss. Seltene Erkrankung bedeutet aber auch, dass es nicht viele Patienten gibt. Hier hilft Vernetzung mit anderen Selbsthilfeorganisationen auf nationaler und internationaler Ebene. Um unsere Ziele zu erreichen, sind wir auf ehrenamtliches Engagement vieler angewiesen. Und auch so ist unser Motto zu verstehen.

Ein Thema, das alle Betroffenen von seltenen Erkrankungen vereint, ist die Versorgungssituation. Was wünschen Sie sich konkret für die Versorgung von Patienten, die an Mukopolysaccharidosen leiden?

Ein Hauptproblem vieler seltener Erkrankungen, insbesondere lysosomaler Stoffwechselerkrankungen, besteht darin, dass sie aufgrund des komplexen Krankheitsbilds und der Bandbreite der Verlaufsformen alle Schwächen des Gesundheitssystems abbilden.

Zunächst einmal handelt es sich um Krankheitsbilder, die mehrere Organe betreffen und damit verschiedene medizinische Fachrichtungen einschließen. Das erforderliche Fachwissen findet man nur an wenigen Stoffwechselzentren. Ein akutes Problem besteht darin, dass die Kosten einer interdisziplinären Betreuung und Behandlung im aktuellen Abrechnungssystem überhaupt nicht abgebildet sind. So wird auch MPS zu einem erheblichen Kostenfaktor für medizinische Einrichtungen mit der Folge, dass Spezialambulanzen geschlossen oder nicht mehr in dem nötigen Umfang betrieben werden können. Für eine progredient verlaufende Erkrankung sind aber regelmäßige Kontrolluntersuchungen dringend erforderlich. Nur so können wichtige Operationen geplant und rechtzeitig durchgeführt werden. Wir erleben aktuell, dass in manchen Kliniken Untersuchungs- und selbst wichtige Operationstermine um Monate verschoben werden. Das bedeutet für die Betroffenen eine erhebliche Verschlechterung der Ausgangssituation und birgt erhebliche Risiken.

Verfügbare Therapien, wie z.B. eine Enzymersatztherapie, sind mit erheblichen Kosten verbunden. Therapien sind aber dann enorm erfolgreich, wenn man sie möglichst frühzeitig und konsequent einsetzt. Hier brauchen wir klare Regeln hinsichtlich der Bewilligung und Rechtssicherheit für die die Therapie durchführenden Kliniken hinsichtlich etwaiger Regressionsansprüche.

Ein weiterer Aspekt betrifft gerade Patienten mit einer schweren Verlaufsform. In diesen Fällen verlieren die Patienten zunächst ihre höheren geistigen Fähigkeiten, wie z.B. das Sprechen. Mit fortschreitender Erkrankung können die Patienten dann nicht mehr schlucken und verlernen auch ihre motorischen Fähigkeiten, werden also zu Schwerstpflegefällen.

Neben den oben erwähnten Problemen hinsichtlich der medizinischen Versorgung gesellt sich dann die Problematik des Pflegenotstands hinzu. Für die betroffenen Patienten und ihre Angehörigen stellt das eine über viele Jahre dauernde enorme physische und psychische Belastung dar.

Die Versorgungslage ist sehr angespannt und entwickelt sich derzeit nicht zum Guten. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass vieles von dem, was über Jahre mit viel Einsatz erreicht wurde und ganz erheblich zu einer Verbesserung der Lebensqualität der betroffenen Patienten beigetragen hat nun in Gefahr ist, wieder verloren zu gehen. Was das für die Betroffenen und ihre Familien mitunter bedeutet, kann man kaum in Worte fassen. Dabei geht es gar nicht um eine flächendeckende Vollversorgung. Wichtig ist, dass die Expertise in spezialisierten Zentren erhalten bleibt und von dort eine medizinische Koordination der Versorgung am Heimatort erfolgt.

Der in diesem Zusammenhang in Gang gesetzte Prozess der NAMSE ist ein sicherlich guter Anfang. Allerdings ist bis heute die Finanzierung der entstanden und geplanten Zentren nicht gewährleistet.

Welche konkreten Aktionen gibt es seitens des MPS e.V., um diese Agenda voranzutreiben?

Als Selbsthilfeorganisation der seltenen Erkrankungen Mukopolysaccharidosen, Mukolipidosen und Mannosidosen ist die MPS e.V. eher klein. Aus diesem Grund haben wir uns mit weiteren Selbsthilfeorganisationen zusammengeschlossen, um unserem gemeinsamen Anliegen mehr Gehör zu verschaffen. Ende 2019 haben sich sechs Selbsthilfeorganisationen zum „Lysonet“ zusammengeschlossen. Bereits jetzt finden Gespräche mit Kliniken und Einrichtungen statt. Wir beraten und stimmen uns derzeit bezüglich einer gemeinsamen Vorgehensweise ab.

Ein weiterer Schritt ist die Mobilisierung unserer Dachverbände, um uns mehr politisches Gehör zu verschaffen.

Sie möchten mehr erfahren?

Weitere Informationen finden Sie unter www.mps-ev.de

SPENDENKONTO: Gesellschaft für MPS e.V. // IBAN: DE57 5502 0500 0007 6057 00

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